Anzufangen ist wichtiger als anzukommen.
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Ein Tanz auf dem Vulkan

8 bis 10 Windstärken und Regen sind im besten Fall ein Grund zu Hause zu bleiben. Manchmal aber folgt man einer inneren Stimme und wird dafür belohnt.

Der Vogelsberg gehört schon seit längerem zu meinen absoluten Lieblingsdestinationen, wenn es um Kurzurlaube geht. Er ist nicht weit weg, auf eine robuste Art lieblich, eignet sich zum Renn- und Bergfahrrad fahren und die regionale Küche ist deftig-lecker, selbst wenn sie vegan (!) ist.

Als ich erfuhr, das rund um die höchste Erhebung des Vogelsbergs, den Hoherodskopf, ein Endurorennen stattfinden wird, meldete ich mich also kurzerhand einfach an. Am 25. Juli war es dann auch soweit. Bekanntermaßen liegt der Vogelsberg ziemlich genau auf dem Weg nach Eutin in Schleswig-Holstein, unserem Urlaubsziel in diesem Jahr. Zumindest versuchte ich das meiner Frau zu versichern, was scheitern musste, aber man kann es ja mal probieren. Weil ich aber eine ganz tolle Frau habe, stimmte sie am Ende zu, das Rennen auf dem Weg quasi mitzunehmen.


Nun bin ich erklärtermaßen kein Racer (siehe auch https://jacominasenkel.de/mal-schnell-erzaehlt/selbstreflektion-spaete-berufung-zum-mtb-racer/), aber oder wohl auch deshalb, wurde ich in den 5 Tagen vor dem Event immer nervöser. Die Anreise sollte am Freitag vor dem Rennen erfolgen, was die Wochenplanung etwas stressiger gestaltete. Jobs mussten in kürzerer Zeit finalisiert, ein Komparsenjob abgedient, sowie drei Geburtstage gefeiert werden, zugegeben: Luxusprobleme, aber trotzdem muss man das alles unter einen Hut bekommen und nebenbei noch packen. Am Abreisetag wurden dann noch unplanmäßig beide Hinterreifen unseres Autos gewechselt werden. Und dann verhießen die metereologischen Orakel nichts Gutes für den Renntag. Zuhause bleiben solle man. Wälder meiden solle man ausserdem. Alte Unken, wollen mir wohl den Spaß verderben? Gefahren wird, komme was da wolle! Ausserdem hatte ich auf dem Campingplatz unseres Vertrauens einen Platz am See ergattern können.

Meine gewonnene Zuversicht hielt exakt bis zu dem Moment, als sich nachts um 00.30 Uhr unser Wohnwagen in einer Art und Weise gebärdete, wie wir es bislang nicht von ihm kannten. Zudem wurde der Himmel von Blitzkaskaden dauerhaft erhellt, der darauffolgende Donner war glücklicherweise nicht zu hören, da der auf das Wohnwagendach niedergehende Regen alles übertönte. Zum Glück war es uns vor dem Weltuntergang trotz Sturmböen noch gelungen, unsere Sitzmöbel unter dem Wohnwagen zu verstecken.

Als Kind lernte ich durch Abzählen der Sekunden zwischen Blitz und Donner, die Entfernung zu einem Gewitter einzuschätzen. Blitz, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28…Donner. Der Schall des Donners ist langsamer als das Licht des Blitzes… wisst ihr bestimmt. 8 sec. x 340 (Meter/sec.) = 2.720 Meter, also 2,7 km. Beim nächsten Zählen kam ich schon bis 12 Sekunden, dann bis 14 usw. Das Gewitter zog mit hoher Geschwindigkeit, aber unverminderter Heftigkeit an uns vorbei. Was wir also mitbekamen, waren die abgeschwächten Ausläufer. Besten Dank dafür!

Am nächsten Morgen regnete es zwar noch, dafür hatte aber der Sturm nachgelassen, also traten mein lieber Freund R. und ich die kurze Reise zum Start des Endurorennens an. Vor Ort gesellte sich Freund Sturmböe wieder zu uns und brachte noch ein paar Kumpels namens Regen und Kälte mit. In einem Zelt, daß große Lust auf eine Flugreise hatte, wurden wir in das Tagesgeschehen eingewiesen. Glaube ich zumindest. Kurz darauf entließ man uns auf die Strecke.


 Wir fingen an zu treten und taten dies auf den folgenden 33 km. Die Stages waren allesamt eher flach, technisch einfach und trotz Nässe gut fahrbar. Vereinzelt gab es kleine Sprünge, einige lustige Steilabfahrten und jede Menge Wurzeln. Stage 1 war sehr flowig, Stage 2 ebenfalls, Stage 3 ein tretlastiges rumpelndes Wurzelfeuerwerk, Stage 4 spassig, hier hatte man allerdings bergan mit Gegenwind zu kämpfen, doppelt blöd, wenn man sich dazu noch verschaltet, Stage 5 wurde als sehr abfahrtslastig angepriesen, was in der Tendenz zwar stimmte, aber auch hier wusste man die Reisegeschwindigkeit durch geschickt platzierte abrupte Richtungswechsel zu reduzieren. Trotzdem war dies eine vollwertige Stage. Echtes Endurofeeling kam bei Stage 6 auf, denn diese war steil im Mix mit losem und nassem Erdboden, Hangquerungen und Steindurchsetzten Steilabfahrten. Hier gelang es mir während der Fahrt an zwei Stellen Bodenproben zu nehmen. R. wurde durch ein wildgewordenes Flatterband von der Strecke abgelenkt und verlor dadurch ebenfalls ein paar Sekunden.

Am Ende kann ich mich ehrlich über einen 33. Platz freuen und darüber es unverletzt ins Ziel geschafft zu haben. R. fuhr einen m.E. sensationellen 9. Platz ein und beweist mir somit wieder einmal, daß Radfahren vom Radfahren kommt. Und das es am Ende nicht darauf ankommt was, sondern wie man fährt. Glückwunsch!

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