Etappe 2: Innsbruck – Brixen
Das Grupetto startet um 11.00 Uhr. Ich denke an Ausschlafen, mein Kopf nicht. Vorteil: als erster beim Frühstück erscheinen. Nachteil: 4 Stunden Zeit totschlagen müssen. Die heutige Etappe führt uns über den Brenner nach Brixen und so wie es aussieht spielt das Wetter wieder mit. Aus den Hängen steigen nach den Regenfällen der Nacht Dunstschwaden auf und die Nordkette versteckt sich hinter Wolken, aber vereinzelt reißt das weiße Band auf und die junge Sonne taucht die Gipfel in goldenes Licht. Noch ist es ziemlich frisch, aber das soll sich im Laufe des Tages ändern. Und hey…. wir fahren in den Süden. Leider sind Tina und Christopher vom Team Minga meets Basel nicht mehr am Start, da Tina auf der ersten Etappe während der Abfahrt hinter dem Achensee stürzte. Blackout, eine angebrochene Rippe und eine Nacht im Krankenhaus sind die Folgen. Ich werde es auf den kommenden Abfahrten auf jeden Fall auch langsamer angehen lassen. Gemeinsam mit einigen anderen Solofahrern rolle ich zum Start und gebe mein Gepäck ab. Der Transport ist sehr gut organisiert und ich bin froh, mein Geraffel nicht selber schleppen zu müssen. Vor uns steht das Team Roadbike um Felix Krakow…. in voller Besetzung. Die Dame des Teams, Patricia, klagte während der ersten Etappe über starke Schmerzen im Unterleib und wurde mit Verdacht auf Blinddarmentzündung ebenfalls in ein Krankenhaus eingeliefert. Und heute steht sie symptomfrei am Start von Etappe 2. Um kurz nach elf sind die Solostarter auf dem Weg. Wir fahren durch die Stadt. Ein Auto biegt ohne zu blinken rechts ab und schneidet dabei den Radweg, auf dem das Grupetto angerauscht kommt. Einmal Vollbremsung für alle und dem Auto eins oder zwei aufs Dach, Verwünschungen eingeschlossen. Weiter geht es über eine Treppe…. CX lässt grüssen. Und direkt im Anschluss wartet ein Stravasegment im Uphill. „Man muss wissen wo sein Platz ist…“ denke ich und reihe mich hinten ein. So haben wir schnell 500 HM im Sack. Die nächsten zehn Kilometer führen uns in Wellen entlang einer Bergflanke durch das Stubaital. Irgendwo zwischen Himmel und Erde schauen wir auf mäanderende Wolkenfetzen hinab die die umliegenden Berge umspielen. Es sind prägende Momente wie dieser, die Radfahren für mich ausmachen. Hier treffe ich auch das Team Roadbike wieder und gemeinsam genießen wir das Auf und Ab.
Foto: trailruntomFoto: rad.race.com
Den Brenner mit dem Rad zu passieren kommt mir seltsam und unwirklich vor. Die Auffahrt war vor allem die letzten fünf Kilometer von gegenseitigen Anfeuerungsrufen geprägt. Jetzt stehe ich vor dem Ortsschild und versuche mich an nur eine Überquerung zu erinnern, die ich mit dem Auto fuhr. Es müssen mehr als zwanzig gewesen sein, aber keine davon hat Erinnerungswert. Fazit: Autofahren ist auch was das Erleben betrifft Scheiße! Über eine ehemalige Bahntrasse geht es bergab, unterbrochen nur von kurzen Stichen. Hier treffe ich Peer vom Team Le Coq. Die Jungs fahren die Tour fixed. Mucho respeto! Allerdings können es auch die Freilauffahrer nicht laufen lassen. Ein starker Gegenwind verhindert zu viel Erholung während der Abfahrt. Trotzdem bin ich völlig stoked und von Peer gibts einen DriveBy-Shot.
Peer muss trotz Downhill ganz schön drücken.
Am ersten und einzigen Checkpoint gibt es nur noch ein paar Bananen. Der angekündigte Joghurt ist samt und sonders weggefressen worden. Das ärgert mich, bis ins Ziel sind es zwar nur noch 26 km, die gehen auch ohne, aber ich hatte mich einfach darauf gefreut. Die Zieleinfahrt in Brixen liegt in der Ortsmitte. Jeder der Ankommenden wird jubelnd empfangen und es ist in der Tat ein saugeiles Gefühl, durch den Zielbogen zu sprinten. Direkt nebenan haben sich vor einem Bistro andere Fahrer der TdF versammelt und genießen die Sonnenstrahlen. Zwei Bier später bin ich bereit, im Hotel einzuchecken. Jawohl, ein Hotel. Und damit nicht genug, ich habe das Zimmer für mich alleine. Zum Abendessen versammeln wir uns auf dem Domplatz, wo wir kurze Zeit später von den Brixner Böhmischen auch musikalisch versorgt werden. Grund genug bald aufzubrechen und ein bisschen um die Häuser zu ziehen. Zu später Stunde gibts dann noch eine Pizza und danach falle ich ins Bett.
Tom
25. September 2017 11:26
Hört sich bisher noch so an, als macht da jeder so sein eigenes Ding, oder?
bernd
25. September 2017 11:33
Ahoi Tom,
das kommt darauf an. Als Solofahrer musst Du eine Gruppe finden, deren Tempo passt. Stellenweise war ich auch sehr froh, alleine zu fahren. Aus der Sicht eines Teams läse sich ein Bericht sicher anders. Mir gefiel die Unverbindlichkeit des Solostarts sehr gut. So habe ich viele nette Leute kennenlernen dürfen. Und mit denen habe ich dann die Zeit neben dem Rennen verbracht. Schee wars…!
Anonymous
28. September 2017 16:13
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